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Der Herbst hat viele Gesichter

Es wird ungemütlich draußen. Aber nicht für Fotografen, denn jetzt schlägt die Stunde der Lichtstimmungen.

Durch die über den Tag verteilten Wetterschwankungen bietet der Herbst eine Vielfalt an verschiedenen Lichtsituationen.

Angefangen mit diffusen Lichtstimmungen in den nebligen Morgenstunden über Sonnenstrahlen, die sich durch den auflösenden Nebel kämpfen, bis zu Farbexplosionen am späten Nachmittag, wo alles wirkt wie aus einem Gemälde.

Der Tag kann aber auch “Grau in Grau” verlaufen. Das heißt nicht unbedingt, dass die Kamera im Fotorucksack bleiben sollte. Schauen wir uns verschiedene Szenarien an.

Herbst fotografieren

ISO100 32mm f6,3 1/80 Sek. Stativ

Vorbereitung

Wettercheck für den kommenden Tag. Erstens weiß ich dann, was ich anziehen soll und zweites kann ich mich mental schon darauf vorbereiten, mit welchen Lichtstimmungen ich rechnen kann.

Im Herbst haben wir die unterschiedlichsten Temperaturen über den Tag verteilt, morgens oft sehr kalt und gegen Nachmittag kann es schon wieder richtig warm werden. Deshalb bewährt sich - wie so oft - die Zwiebelschicht-Strategie bei der Kleidung. Besonders Handschuhe in den frühen Morgenstunden sind ratsam, damit die Bedienung der Kamera leicht von der Hand geht.

Kenntnisse des Aufnahmestandortes ersparen das lange Suchen nach geeigneten Motiven in den kalten frühen Morgenstunden. Wer gern auf Entdeckungsreise geht, spaziert einfach drauflos ;-)

Hilfsmittel

Ein Ersatzakku ist nie verkehrt. Besonders in den kalten Morgenstunden entleeren sich die Akkus schneller als normal.

Um in den Morgenstunden die Hell-Dunkel-Kontraste zwischen Himmel und Landschaft auszugleichen, ist ein Grauverlaufsfilter ein nützliches Hilfsmittel.

Bei längeren Belichtungszeiten hilft ein Stativ, Verwacklungsunschärfen zu vermeiden.

Möchtet Ihr ein kräftiges Blau in Kombination mit detailreichen Wolken und gelben Laubblättern, dann verstärkt ein Polfilter den Kontrast des Himmels und vermindert die Reflexionen auf den Laubblättern.

Fotografieren bei einem herbstlichen Sonnenaufgang

Piep,Piep,Piep….Piep,Piep,Piep…. der Wecker kennt keine Gnade. Ich hab es so gewollt. Müdigkeit und die Vorfreude auf neue Lichtstimmungen kämpfen nur kurz gegeneinander. Dann gewinnt die Vorfreunde, interessante Lichtstimmungen, zu entdecken. Meinen Fotorucksack habe ich den Abend zuvor schon hergerichtet und die Anfahrt zur Foto-Location in Google-Map recherchiert.

Damit weiß ich, wann ich losfahren muss, um vor dem Sonnenaufgang mit etwas Zeitpuffer am Aufnahmeort zu sein. Nach einem kurzen Frühstück geht es auch zügig los, die Sonne wartet nicht auf mich ;-)

Nebelstimmungen im Herbst fotografieren - Grauverlaufsfilter

ISO100 85mm f4 1/400 Sek. Stativ Grauverlaufsfilter

Herbststimmungen fotografieren

ISO100 28mm f16 ⅛ Sek. Stativ mit 2 Grauverlaufsfilter

Es gibt Nebel, aber es ist nicht bewölkt, das sind schon mal gute Aussichten für einen herbstlichen Sonnenaufgang. Wäre es über dem Nebel noch bewölkt, würde die Sonne logischerweise nicht sichtbar sein. Wenn der Nebel jetzt noch Bodennebel (kein Hochnebel) und nicht zu dicht ist, hat die Sonne eine Chance, sich durch die Nebelmasse sichtbar zu machen.

Bei nebligen Sonnenaufgängen gibt es sehr schöne zarte Töne, wenn die Sonne langsam über den Horizont wandert. Um den starken Hell-Dunkel Kontrast zwischen neblig heller Himmelsfläche und dunkler Landschaft auszugleichen, verwende ich einen Grauverlaufsfilter, manchmal sogar zwei übereinander.

Einsame Feld- und Waldwege mit Laubäumen für die optimale Herbststimmung

Der Nebel steigt langsam nach oben und beginnt sich aufzulösen. Ich wechsle den Aufnahmestandort und fahre dem Nebel hinterher. Das heißt, es geht aufwärts. Ich habe einen “Feldweg” im Sinn, der an einen kleinen Wald mit Laubbäumen grenzt. Ich wollte, dass der Betrachter Lust bekommt, diesen Weg entlangzugehen und die Aussicht sehen möchte.

Die Laubbäume ragen über den Weg und der Nebel zieht langsam den Hang hoch. Das Laub hat sich schön über den Weg verteilt.  “Herbstlicher” geht es fast nicht mehr ;-) - eine ideale Herbstkulisse. Es macht sich bezahlt, wenn man seine Herbst-Locations kennt!

Die Lichtverteilung verstärkt den dreidimensionalen Bildeindruck. Bei diesem Bild haben wir eine sehr interessante Verteilung von den hellen Tönen links oben zu den dunklen Tönen rechts unten.

Diese Lichtverläufe bringen Tiefe ins Bild. Deshalb versuche ich bei der Bildkomposition zusätzlich zu der Linienführung des Weges und der überhängenden Bäume, die Lichtverläufe mit einzubeziehen.

Hier habe ich keinen Grauverlaufsfilter angewendet und mich nur auf die richte Belichtung des Weges konzentriert.

ISO100 60mm f11 15 Sekunden Stativ

Herbstliche Laubbäume im richtigen Licht oder wie vermeide ich störende Reflexionen

Der Nebel hat sich fast aufgelöst, aber der Himmel ist nun bewölkt. Eigentlich ist alles grau in grau, es nieselt ganz leicht, aber wir sind ja nicht aus Zucker. Ich fahre zu einer weiteren Location. In der Nähe gibt es einen Fluss. Mal sehen, was der für herbstliche Spiegelungen von Uferbäumen vorzuweisen hat.

Blätter an Bäumen tendieren dazu, das Licht zu reflektieren, besonders wenn diese nass sind. Das wiederum verursacht im Bild viele kleine unruhige helle Flecken. Die störenden Reflexionen lassen sich mit einem Polfilter mildern und nicht nur das.

Vorteile des Polfilters

  • vermindert Reflexionen von Wasseroberflächen und glatten Oberflächen wie Blättern, feuchte Baumstämmen, Glas
  • Durch die Unterdrückung von Reflexionen auf der Gras- und Lauboberfläche verbessert sich die Grün-Wiedergabe
  • Ein blauer Himmel wird dunkler und somit kräftiger. Die Wolken heben sich dadurch stärker hervor.

Nachteile des Polfilters

  • er schluckt Licht und das bis zu drei Blenden
  • zusätzliche Handhabung beim Anschrauben

Verminderung der Reflexion durch Polfilter

Mit Polfilter:

Spiegelungen  - mit Polfilter

ISO50 24mm f8 2 Sekunden Stativ Polfilter

Ohne Polfilter:

Polfilter mindert Reflexionen

ISO50 24mm f8 1,3 Sekunden Stativ ohne Polfilter

Farbexplosionen auch im Gegenlicht

Der Sonnenuntergang ist im vollen Gange, die Bewölkung hat sich teilweise aufgelöst. Der Himmel färbt sich rot, was will man mehr: Bunter Himmel, bunte Landschaft - das volle Farbprogramm. Eine Belichtung, die Himmel und Landschaft gleichermaßen gerecht wird, ist sehr schwierig.

Entweder ist die Landschaft richtig belichtet und der Himmel viel zu hell, oder die Landschaft sieht gut aus und der Himmel überstrahlt. Hier muss wieder ein Grauverlaufsfilter her. Oder ich nutze die HDR-Technologie, mache eine Belichtungsreihe oder nutze in der Bildnachbearbeitung einen Verlaufsfilter, aber das ist ein anderes Thema.

Jetzt gilt es, mit dem Grauverlaufsfilter die richtige Belichtung zu finden. Ich tendiere da zu einer leichten Überbelichtung, um bei der Bildentwicklung das Bildrauschen in den dunklen Bildteilen im Falle einer notwendigen Aufhellung zu vermeiden. In diesem Fall sollte die Pflanzenwelt also korrekt belichtet sein und über den Grauverlaufsfilter der sonst überstrahlende Himmel abgedunkelt werden.

Soviel zur Belichtungsfindung. Aber der Bildaufbau ist genauso wichtig. Der Himmel sollte zur Geltung kommen, aber nicht zu dominant wirken. Deshalb bekommt dieser nur max. ⅓ des Bildanteils zugeteilt.

Gerne möchte ich, dass der Betrachter seinen Blick über die Pflanzenwelt schweifen lässt und dem kleinen Weg rechts unten folgt, deshalb wurde dieser bei der Bildentwicklung mit einem Radialfilter aufgehellt.

Die Farben der Laubbäume wirkten in der bereits anbrechenden Dämmerung nicht mehr so knackig, mit der nachträglichen Verstärkung der Farbsättigung kann auch das ausgeglichen werden.

Farbexplosionen Herbst

ISO100 24mm f7,1 1,3 Sekunden Stativ Grauverlaufsfilter

Also, geht selbst raus und fotografiert den Herbst. Viel Spaß dabei wünscht Euch Tobias.

Alle hier gezeigten Texte und Bilder unterliegen dem Urheberrecht des Autors.

Ausrüstung

  • Kamera: Canon EOS 5D Mark III
  • Objektive:Canon EF 24-105mm 1:4,0 L IS USM
  • Funkfernauslöser: Giga T Pro II (Intervall Timer & Wireless Remote Control) geht aber auch über Kabel
  • Stativ: GITZO GT1551T
  • Software: Lightroom, Photoshop CC, Plugin NIK Filter, Topaz Clarity

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Geschichte der Landschaftsfotografie mit Florian Heine

Brennweiten in der Landschaftsfotografie

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Landschaftsfotografie am Wasser Verwendung von Graufiltern

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Gereon Roemer Landschaftsfotografie Norwegen

 

22. Oktober 2015 - 15:14

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