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Kinder für die Fotografie begeistern

Darf ich auch mal? Wenn ihr Eltern seid und viel und gerne fotografiert, wird auch beim Nachwuchs schnell das Interesse an der Fotografie geweckt. Bereits ab einem Alter von zwei bis drei Jahren können die Kleinen, die oft schon mit Smartphone oder Tablet aufwachsen, eine einfache Kamera bedienen. Natürlich müsst ihr euren Kindern nicht gleich eure teure Kameraausrüstung in die Hände drücken.

 freestocks-photos auf Pixabay

Kindgerechte Kameras

Für den Einstieg reicht eine einfache, ausrangierte oder gebrauchte digitale Kompaktkamera. Es gibt sogar spezielle Kinderdigitalkameras, die besonders leicht zu bedienen und robust sind, oft mit spaßigen Fotofiltern kommen und in Format und Design an die kindlichen Bedürfnisse angepasst sind. Solche kindertauglichen Kameras richten sich an Kinder im Alter von 3-10 Jahren und haben oft zusätzliche Spiele oder einen MP3 Player integriert.

Auch Wegwerfkameras oder Sofortbildkameras eignen sich für die ersten kindlichen Fotoversuche, sind aber aufgrund des Verbrauchsmaterials recht kostenintensiv.

KRITERIEN FÜR EINE KINDGERECHTE KAMERA

  • Robust und widerstandsfähig gegen Stöße und Verschmutzung
  • Leicht und klein
  • Bedienelemente so angeordnet, dass sie für Kinderhände leicht zu erreichen sind
  • Einfache Bedienbarkeit und großes Display
  • Automatikprogramme
  • Kostengünstig

Spaß und Erfolgserlebnisse stehen im Vordergrund

Damit aus dem ersten Interesse echte Freude an der Fotografie wird, brauchen Kinder schnelle Erfolgserlebnisse. Aber wie führt ihr den Nachwuchs am besten an die Fotografie heran? Zum einen hängt das vom Alter des Kindes ab. Drei- und Vierjährige haben noch nicht das technische Verständnis, das ein Acht- oder Zehnjähriger hat. Hier ist die Kamera ein reines Spielzeug, das ein besonderes AHA-Erlebnis bietet – nämlich, dass man Motive mit der Kamera festhalten und hinterher anschauen kann.

Den Kleinsten könnt ihr also einfach eine kindertaugliche Digitalkamera mit Programmautomatik in die Hände drücken und ihnen zeigen, wo sich der An- und Ausschalter, der Sucher oder das Display, der Auslöseknopf und der Knopf für die Bildwiedergabe befinden. Dann noch der Hinweis, dass sie die Kamera am besten mit zwei Händen halten und beim Auslösen ruhig halten müssen und schon können sie loslegen. Das kann sehr spannend sein, denn Kinder haben oft noch eine ganz andere, Sichtweise als Erwachsene.

 Mr_Worker auf Pixabay

Besonderen Spaß macht es, wenn ihr eurem Nachwuchs eine einfache thematische Aufgabe stellt und euch die entstandenen Fotos hinterher zusammen anschaut oder sogar eine kleine Fotocollage daraus bastelt.

Fotoaufgaben für kleine Kinder

  • Fotografiere dein Lieblingsspielzeug
  • Fotografiere alles, was deine Lieblingsfarbe hat
  • Fotografiere die Blumen im Garten
  • Fotografiere Mama, Papa, deine Geschwister

Kamerafunktionen und Grundlagen der Fotografie

Sind die Kinder schon ein bisschen älter, könnt ihr sie mit einfachen Aufgaben spielerisch an die Funktionsweise der Kamera, die technischen Grundlagen der Fotografie und das Thema Bildgestaltung heranführen. Aber vergesst auch hier nicht, dass es bei Kindern in erster Linie um Spaß und Erfolgserlebnisse geht. Die Technik ist nur das Mittel zum Zweck, wichtiger für das Bildergebnis ist die Fähigkeit zur Wahrnehmung, Motivfindung und Bildgestaltung. Also beschränkt die technischen Erklärungen auf das, was wirklich notwendig ist, um die Kamera zu bedienen und misslungene Fotos und damit Frustration zu vermeiden.

Um Kindern die Kameratechnik näher zu bringen, könnt ihr ihnen nach und nach einen technischen Aspekt oder eine Kamerafunktion erläutern und ihnen dazu eine Aufgabe geben, die die Auswirkung einer bestimmten Einstellung oder Funktion verdeutlicht.

Aufgaben zum Verständnis der Kamerafunktion

  • Fokussieren: Fokussiert einen Gegenstand, indem ihr das AF Feld auf den Gegenstand verschiebt. Zum Vergleich fotografiert den gleichen Gegenstand, wenn das AF Feld nicht auf ihm liegt.
  • Belichtungszeit: Fotografiert eine Person, die sich bewegt, mit verschiedenen Belichtungszeiten (oder sowohl mit dem Landschafts- als auch Sportprogramm).
  • Belichtungszeit: Stellt eine längere Belichtungszeit ein und verwackelt das Foto absichtlich. Macht das gleiche mit einer kurzen Belichtungszeit.
  • Blende: Fotografiert einen Gegenstand oder eine Person mit verschiedenen Blendenöffnungen und vergleicht die Bilder (oder mit Landschafts- und Porträtprogramm)
  • Zoomobjektiv: Fotografiert ein und dasselbe Motiv mit verschiedenen Zoomeinstellungen und betrachtet den Unterschied
  • ISO: Lasst euch Blende und Belichtungszeit manuell einstellen und fotografiert ein Motiv bei wenig Licht mit unterschiedlichen ISO Einstellungen
  • Belichtungskorrektur: Fotografiert ein Motiv mit verschiedenen Belichtungskorrektureinstellungen und vergleicht die Bilder
  • Kamerafilter: Falls die Kamera integrierte Filter hat, fotografiert ein Motiv mit den unterschiedlichen Filtern
  • Schwarzweißfotografie: Fotografiert im Schwarzweißmodus
  • Makromodus: Falls die Kamera einen Makromodus hat, lichtet eine Blume oder ein Spielzeug ganz nah ab

Motivfindung und Bildgestaltung

Wichtiger als die Technik ist (nicht nur bei Kindern) die Fähigkeit zur Motivfindung und Bildgestaltung, die ihr mit spielerischen Fotoaufgaben und anschließenden gemeinsamen Bildbesprechungen schulen könnt.

Fotoaufgaben zur Schulung der Wahrnehmung und Bildgestaltung

  • Suche und fotografiere ähnliche Motive, z.B. alles, was Rot ist

Fotoaufgaben für  Kinder

Fotografiere nur Motive, in denen viel Rot vorkommt. Fotos: Heike Skamper

  • Fotografiere ein Motiv aus verschiedenen Perspektiven: von oben, aus dem Stand, von unten (auf dem Boden liegend oder aus einer knienden Position)
  • Fotografiere ein Motiv von allen Seiten und aus verschiedenen Entfernungen
  • Mache Fotos, bei denen immer etwas im Vordergrund zu sehen ist
  • Mache Bilder von Details in deiner Wohnung, die Familie muss erraten, was oder wo es ist
  • Fotografiere deine Geschwister, Familie, Freunde mit Grimassen
  • Fotografiere ganz kleine Dinge und gehe ganz nah ran (Makrofunktion)
  • Fotografiere Schatten oder Spiegelungen
  • Fotografiere alles, was einen Buchstaben bildet

Bildideen für das Fotografieren mit Kindern

Ein X, ein T und ein M hätten wir schon mal. Fotos: Heike Skamper

  • Platziere Gegenstände so im Bild, dass sie auf einer Drittellinie liegen
  • Fotografiere ein Motiv jeweils im Hochformat und Querformat
  • Fotografiere deine Lieblingsdinge im Kinderzimmer
  • Inszeniere Geschichten mit Spielzeugfiguren

Mit Spielzeugfiguren Fotogeschichten inszenieren

Mit Spielzeugfiguren und der Makrofunktion der Kamera lassen sich tolle Bilder kreiern. Foto: Heike Skamper

  • 365 Tage oder 52 Wochen Projekt – Fotografiere jeden Tag oder jede Woche etwas aus deinem Leben, wie ein Tagebuch
  • Fotografiere dein Essen
  • Fotografiere alles, was wie ein Gesicht aussieht

Fotoaufgaben für junge Fotografen

Mit ein bisschen Fantasie findet man überall Gesichter. Fotos: Heike Skamper

  • Fotografiere ein Motiv jeweils in Farbe und in Schwarzweiß
  • Mache eine Fotoreportage in deinem Sportverein, von der Familie, von deinem Zuhause, von einem Tag in deinem Leben
  • Fotografiere Haustüren oder Türgriffe an Haustüren
  • Fotografiere Graffiti oder Sprüche
  • Fotografiere alles, was rund ist

Fotoprojekte für Kinder

Runde Motive findet man überall. Fotos: Heike Skamper

  • Fotografiere alles, was Streifen hat
  • Fotografiere draußen das gleiche Motiv zu unterschiedlichen Tageszeiten und betrachte die Unterschiede
  • Fotografiere Bilder mit geradem und schiefem Horizont
  • Fotografiere Bilder mit dem Horizont in der Mitte und auf einer Drittellinie

Viele weitere Fotoaufgaben und -ideen findet man auf sogenannten Inspirationskartensets, die sich zur Schulung der Kreativität und Bildgestaltung sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern eignen.

Kartensets mit kreativen Fotoaufgaben

Auch Bücher oder Webseiten mit Vorschlägen für wöchentliche oder tägliche Fotoprojekte sind eine beliebte Inspirationsquelle, hier muss man nur mal nach „52 Fotoprojekte“ oder „365 Fotoprojekte“ googeln.

Lernen durch Bildbesprechungen

Durch Bildbesprechungen lernt man viel. Schaut euch die Fotos zusammen euren Kindern an, lobt sie, aber erklärt ihnen auch, was sie besser machen könnten, z.B. formatfüllend fotografieren, auf Bildausschnitte achten, Dinge, die nicht auf das Foto gehören, weglassen, näher herangehen oder zoomen, die Kamera ruhig und gerade halten, eine andere Belichtungszeit, Blende oder Automatikprogramm wählen, sauber fokussieren etc.  Das Schöne an der digitalen Fotografie ist ja, dass man Fotos sofort betrachten und beurteilen kann. So haben die Kinder die Chance, an Ort und Stelle direkt ein noch besseres Foto zu machen, dazuzulernen und ein tolles Erfolgserlebnis zu haben.

Bildbearbeitung und Bildpräsentation

Viel spannender als die Fotos auf der Speicherkarte der Kamera sind ausgedruckte Bilder, die man anfassen, zeigen, aufhängen oder weiterverarbeiten kann. Die Weiterverarbeitung der Fotos zu einem Fotokalender, einer Bildcollage oder einem kleinen Fotobuch sorgt für zusätzliche Motivation und macht die Nachwuchstalente stolz. Auch das gemeinsame Bearbeiten oder Verfremden der Fotos in einem einfachen Bildbearbeitungsprogramm kann viel Spaß machen. Ist das Kind schon etwas älter, ist auch ein eigener, kontrollierter Instagram-Account zur Präsentation der Fotos denkbar. Ein toller Ansporn können zudem spezielle Fotowettbewerbe für Kinder oder Jugendliche sein, bei denen es neben Ruhm und Ehre oft hochwertige Preise zu gewinnen gibt.

Ideen zur Verwendung der Fotos

  • Verfremdung von Fotos mit Filtern
  • Fotokalender
  • Fotocollage auf großem Papierbogen
  • Fotobuch
  • Poster, Wandbild
  • Foto im Rahmen als Geschenk für Oma und Opa
  • Fotos mit Wäscheklammer an einer Wäscheleine aufgehängt als Deko
  • Digitale Fotoshow für PC oder TV
  • Präsentation der Fotos in digitalem Bilderahmen
  • Teilnahme an Wettbewerben
  • Austausch über Kinderfotocommunities im Internet
  • Instagram-Kanal (kontrolliert)

Haben eure Kinder so richtig Feuer gefangen, sind vielleicht auch weiterführende Fotoworkshops für Kinder sowie spezielle Kinderfotocommunities und Fotoseiten für Kinder im Internet interessant, die KnowHow, Fotoaufgaben, Wettbewerbe und zum Teil auch lokale Aktivitäten und Kurse anbieten.

Ich hoffe, ich konnte euch ein paar Tipps und Anregungen geben, wie ihr eure Kinder an das Thema Fotografie heranführen und für dieses spannende Medium begeistern könnt. Probiert es einfach aus und lasst eure Kinder ran an die Kameras.

Bei FotoTV. gibt es zwei Filme zum Thema „Fotografieren mit Kindern“, die euch noch ein bisschen Input geben:

Michael Ebert Sandra Abend Fotografieren mit Kindern

Kinderfotokurse Zingst Leica Academy

 

 

 

 

 

 

16. März 2020 - 14:47

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