Aktfotografie Outdoor - wie finde ich die richtige Location?
Betrachter meiner Bilder fragen mich oft, wie ich die Locations für meine Fotos finde. Meine Antwort ist eigentlich immer die gleiche: Schuhe anziehen, Rucksack packen und loswandern.
Doch wohin soll die Wanderung führen? Mein wichtigstes Tool zum Aufspüren neuer Locations ist tatsächlich immer noch eine Landkarte aus Papier. Am besten eignen sich kleine Maßstäbe, z.B. die topografischen Karten im Verhältnis 1:25.000 der Landesvermessungsämter.
Darin sind alle wichtigen Naturpunkte (Wasserfälle, Felsen, einzeln stehende Bäume, Schluchten, ...) schon sehr genau verzeichnet. Höhenlinien und Kartenbild geben zudem ein gutes Bild über die Verhältnisse vor Ort wieder.
So lässt sich für ein geübtes Auge gut sehen, ob das Gelände steil, sumpfig, dicht bewaldet oder felsig ist. Zur Unterstützung nutze ich Google Earth, um mir die Oberflächenstruktur anzuschauen. So lässt sich relativ schnell und meist auch sehr genau bestimmen, ob waldfreie Flächen Wiesen oder Weideflächen sind, ob an den Seen vielleicht ein paar große Bäume ins Wasser gefallen sind, usw.
Fotoportale (flickr, Panoramio, usw.) und regionale Tourismusseiten eignen sich ebenfalls zum Vorselektieren. Die dort gezeigten und beschriebenen Sehenswürdigkeiten sind für Aktshootings aber oftmals nur bedingt, wenn überhaupt geeignet. Klar ist etwa der Rheinfall eine Wahnsinnskulisse – aber eben auch entsprechend gut besucht. An ein Aktshooting ist dort nicht zu denken.
Es gilt also für ein z.B. Wasserfall-Shooting die kleineren oder entlegene Wasserfälle zu finden, an denen allenfalls nur ab und an mal ein paar Wanderer vorbei kommen. Nichts ist für ein Aktmodel (selbst für routinierte Models) schlimmer, als Trauben von Zuschauern. Schlimmstenfalls zücken diese noch selbst die Kamera und fotografieren mit.
Trotz aller Technik und Tools hilft letztlich aber doch nur, selbst hinzugehen und nachzuschauen - möglichst zeitnah zum Shooting.
Ich nutze meine Locations in der Regel erst nach mehrmaligen Besuchen, um die wichtigsten Faktoren zu sammeln.
Wie ist etwa die Beleuchtung zu welcher Tageszeit? Tools im Internet, die den Sonnenstand anzeigen, eignen sich kaum den Lichtverlauf vor Ort abzuschätzen. Bäume und Geländekuppen sind dabei nicht erkennbar.
Liegt der Wasserfall etwa im grellen Sonnenlicht freue ich mich zwar als Tourist darüber, bin aber als Fotograf aufgeschmissen. Wie sieht meine Location also im Schatten aus?
Ist es zu den meist üblichen Outdoor-Shootingzeiten (3 Std. nach Sonnenaufgang und 3 Stunden vor Sonnenuntergang) dort hell genug? Genügt das natürlich vorhandene Licht und wie sieht es ohne Sonne aus?
Oftmals erweist sich gerade ein bedeckter Himmel mit diffuser Lichtstimmung als Vorteil. Das Licht ist weicher, Schatten werden minimiert, das Model wird nicht geblendet.
Seen oder Flüsse wirken bei diesem Licht zudem bestenfalls wie ein riesiger Reflektor.
Nicht zuletzt stellt sich dann noch die Frage, ob ich überhaupt die richtigen Linsen habe, um mein Model an meiner Wunschlocation auf den Sensor zu bringen?
Komme ich nahe genug an mein Motiv heran oder weit genug weg, um dem Bild auch einmal Raum zu geben? Sind meine Linsen lichtstark genug, um im Schatten mit sich bewegenden Motiven (ohne mobile Blitzanlage) arbeiten zu können?
Ein Model wackelt immer, egal wie sehr sie/er sich bemüht. Das lässt sich unter Umständen zwar mit einer hohen ISO-Zahl ausgleichen, aber stets zu Ungunsten der Bildqualität.
Es hilft auch ungemein, schon vor dem eigentlichen Shooting ein paar Aufnahmen ohne Model zu machen, um später nicht lange nach idealen Blickachsen suchen zu müssen. Kenne ich meine Location zu verschiedenen Tageszeiten und Wetterbedingungen aus dem Effeff, ist das halbe Shooting schon im Kasten.
Neben etwaigen Passanten und der Beleuchtung ist auch die Erreichbarkeit entscheidend für einen gelungenen Tag. Kann und will ich meinem Model zumuten irgendwo hinauf zu klettern, durch glitschige Bäche zu waten und durchs Unterholz zu kriechen und bin auch ich dazu überhaupt in der Lage?
Langen die Kräfte und die Fähigkeiten, sich in unter Umständen schwierigem Gelände sicher zu bewegen? Die besten Locations liegen selten in unmittelbarer Parkplatznähe.
Es gilt also schon im Vorfeld sichere Wege oder Pfade zu finden, um gefährliche Situationen weitgehend ausschließen zu können. Steuere ich zielstrebig eine Location an und bewege ich mich dort souverän, vermittele ich meinem Model zudem, dass ich weiß, was ich tue.
Und welche Naturlocation eignet sich als Kulisse für ein Outdoor-Aktfotos? Kurze Antwort: Jede!
Es muss nicht immer das große Naturszenario mit tosenden Wasserfällen, gewaltigen Bergen oder romantischen Stränden sein. Ein kleiner Bachlauf, hohes, im Wind schaukelndes Gras, ein knorriger Baumstumpf oder ein kleiner See sind völlig ausreichend.
Selbst eine eigentlich banale Reihe Apfelbäume zeigt beim näheren Betrachten ihren Reiz als Location mit einer herrlichen Flucht im Hintergrund des Models, die dem Bild Tiefe und bestenfalls sogar noch Schwung verleiht und den Blick aufs Model konzentriert.
Ebenso gut eignen sich auch Rebenreihen in hügeligen Weinbergen, Buhnen am Meer, Alleen oder langgezogene Forstwege. Arbeite ich in bewirtschafteten Kulturlandschaften (also in Plantagen, Kornfeldern, Weinbergen, u.ä.), vermeide ich mit einem vorherigen Kontakt mit dem Besitzer so manchen Ärger.
Übrigens, auch Seeufer sind häufig Privatbesitz, besonders wenn sie mit einem der begehrten Bootsstege versehen sind. Reden hilft. Ihr werdet überrascht sein, wie zugänglich die meisten Landbesitzer sind. Notfalls nimmt man ein paar Arbeitsproben mit.
Nackte Felsen und nackte Haut passen für Schwarzweiß-Fotos ganz hervorragend zusammen. Besonders Granitfelsen sind ein Fotografenhimmel. Die runden Formen und glatten Oberflächen machen das Arbeiten (besonders für das Model) leichter als auf spitzkantigen oder scharfen Gesteinen. Zudem sind Granitfelsen gemasert und oft mit einem feinen Netz von Flechten überzogen. Beides gibt dem Bild eine interessante Struktur, ohne zu dominant zu sein.
Für Models mit blasser Haut eignen sich besonders dunkle Basalte als Kontrast. Im Umkehrschluss sollte mein Model dunklere Haut haben, will ich auf hellen Steinen (Kalkfelsen, Kreide) arbeiten.
Kontraste und Strukturen sind in der Schwarzweiß-Fotografie viel wichtiger als bei Bildern in Farbe. Wald oder leuchtende Blumenfelder, die auf einem Farbfoto wunderbar wirken, können auf Schwarzweißaufnahmen eine fade einheitliche Fläche bilden.
Andersherum wirken zum Beispiel blattlose Bäume im Herbst als bizarre grafische, hell-dunkle Kulisse, die ihre Wirkung bei einer S/W-Entwicklung erst so richtig entfaltet.
Fazit: Erfolgreiche monochrome Outdoor-(Akt-)Fotografie, benötigt eine sorgfältige Vorbereitung und ein Grundverständnis für Kontraste. Die Beleuchtung zu bestimmten Tageszeiten und Wetterkonditionen ist ebenso wichtig wie den Weg zu kennen. Wie sind die Verhältnisse vor Ort? Kann sich mein Model (und ich mich) sicher bewegen? Und schließlich: Habe ich die nötige Technik, um die Location voll auszunutzen zu können? Stimmt das alles, kann eigentlich nur noch das Wetter dazwischen funken.
Im nächsten Part geht es dann um die Modelsuche für Aktshootings.
Was fürs Wohlbefinden von Model und Fotograf ins Gepäck gehört und welche Gefahren „da draußen“ lauern erzähle ich in Part 3.
Part 4 beschäftigt sich dann mit der Aufnahmetechnik, erläutert das Nutzen verschiedener Bildebenen und versucht das Licht zu bändigen.
Bis dahin.. Euer Thomas.
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Wenn Ihr Euch für Aktfotografie interessiert, dann schaut Euch doch auch mal diesen Film an.