Gesetzeskonforme Street Fotografie
Die größte Hürde für angehende Street Fotografen in Deutschland ist in fast jedem Fall das Gesetz. Die deutschen Gesetze sind sehr streng und es gibt eigentlich gar keine Möglichkeit, sich ihnen zu entziehen und unbeschwert auf der Straße zu fotografieren.
Als langjähriger "Gesetzesbrecher" und großer Anhänger dieses Genres habe ich mir mal Gedanken zu dieser verzwickten Lage gemacht. Ich habe mir die Frage gestellt, wie ein Anfänger trotz der sehr strengen Gesetze Fotos machen und sich als Street Fotograf etablieren kann.
Natürlich habe ich alle realistischen Möglichkeiten beleuchtet und mich dann auf die sinnvollste konzentriert.
Was sagt das Gesetz?
Ich bin Street Fotograf und nicht Jurist. Also kann und will ich diese Frage nicht abschließend beantworten. Für diesen Blogartikel gehe ich davon aus, dass sowohl die Erstellung von Bildern sowie deren Veröffentlichung nicht erlaubt ist. Auf diese Weise können wir auch die Gesetze in anderen Ländern abdecken und es gibt keine Diskussionen.
Es gibt folgende Links & Gesetzesartikel, welche in Deutschland relevant sind:
Wikipedia Recht am eigenen Bild (Deutschland) (Übersicht Recht am eigenen Bild)
§201a StGB (Erstellung von Bildern)
§22 KunstUrhG (Veröffentlichung von Bildern)
Und schaut Euch doch auch diesen FotoTV. Film zum Thema Bildrecht in der Streetfotografie an:
Wie groß ist das Risiko?
Die Street Fotografie wird mit zunehmender Rechtskonformität aufwändiger, aber dadurch auch entspannter. Umgekehrt ist es aber auch so, dass je größer das Risiko, welches ich als Fotograf auf mich nehmen möchte, der Aufwand für die Bilderstellung einfacher wird.
Es ist also alles eine Frage von Risiko versus Aufwand. Eigentlich kann jeder selber bestimmen, wie viel Risiko er auf sich nehmen will und muss sich dann entsprechend um den größeren Aufwand kümmern.
Ich kann das Risiko zu 100% eliminieren, wenn ich korrekt vorgehe. Ich kann den Aufwand auch zu einem Großteil minimieren, dann steigt aber das Risiko.
Das Risiko tragen
Fangen wir mal ganz unten im rechtsfreien Raum an, das ist da, wo ich mich bewege. Ich kenne zwar die Gesetze, halte mich aber nicht daran. Das heißt, ich trage das Risiko und fotografiere jeden Menschen, der ich als totowürdig anschaue.
Dabei frage ich weder vorher noch nachher. Solange mich keiner der Fotografierten ausfindig macht und anzeigt, habe ich nichts zu befürchten. Ich habe diesen Weg gewählt, weil er vom Aufwand her der einfachste ist.
Wir reden hier nicht über Ethik und Respekt, sondern über das Gesetz. Wo kein Kläger, da kein Richter. Von Amtes wegen kann ich nicht belangt werden und wenn keiner das Bild sieht, gibt es auch keine Probleme.
Ich möchte dieses Vorgehen hier nicht werten, weil ich weiß, dass es nicht von allen Lesern akzeptiert wird. Es ist alleine meine Entscheidung, wie ich meine Bilder mache und dazu stehe ich.
Ich bin schon so lange auf der Straße unterwegs, dass ich weiß, wie Street Fotografie funktioniert und wie die Resonanz in deutschen Foren ist. Also müssen wir dieses Thema hier nicht weiter vertiefen.
Nicht Veröffentlichen
Wo wir schon bei der nächsten Stufe sind. Man könnte auf der Straße fotografieren, die Bilder aber nicht öffentlich zugänglich machen. Also keine Bilder ins Internet stellen und diese nur unter Freunden oder im Fotoclub (nicht öffentliche zugänglich) zeigen.
Ich weiß, dass zwar jeder nur für sich selber fotografiert, aber trotzdem jeder auch gerne mal Feedback auf ein Bild bekommen möchte. Dieses Feedback erhalte ich am schnellsten und am einfachsten, wenn ich meine Bilder bei Facebook & Co. veröffentliche.
Schauen wir nur das Gesetz an, so wäre die Nichtveröffentlichung wohl eine sehr einfach Methode, um sicher auf der Straße zu fotografieren.
Dies bedingt natürlich, dass ich alle gemachten Fotos sicher nach Hause bringen kann. Denn schon die Aufnahme an sich ist nicht dem Gesetz entsprechend.
Es ist aber einfacher und sicherer, unbeobachtet ein Bild zu machen, als ein Bild zu veröffentlichen und zu hoffen, dass es keiner sieht.
Kurz gesagt, ich mache ganz normal Bilder und zeige sie nicht öffentlich. So reduziert sich das Risiko um 99% und die Menschen, die ein Problem mit der Aufnahme haben, können mich sofort zum Löschen auffordern.
Nicht erkennbar fotografieren
Aus meiner Sicht die interessanteste Variante für eine gesetzeskonforme Street Fotografie ist die Aufnahme von Menschen und Situationen, in denen der abgebildete Mensch nicht erkannt werden kann.
Das heißt, alle Erkennungsmerkmale sind entweder nicht im Bild oder durch Schatten, Gegenlicht, etc. unkenntlich gemacht worden. Natürlich habe ich vom Gesetz her auch die Auflage, dass ich die Erlaubnis für die Aufnahme haben müsste.
Dieses Risiko trage ich in dieser Variante. Ich kann dann immer noch sagen, dass die Person auf dem Foto nicht erkennbar ist. Die Definition von erkennbar ist nicht zu 100% klar. Man sagt aber, wenn sich die Person selber erkennt, wäre dieser Umstand gegeben.
Man kann eine Person aber nicht nur an der Kleidung erkennen. Dazu benötigt man Merkmale wie Tattoos, Körperhaltung, Frisur, etc. Am besten schneidet man den Kopf ab und lässt den Körper im Schatten des Lichtes verschwinden.
Alle in diesem Artikel gezeigten Bilder sind auch meiner Sicht gesetzeskonform und der Abgelichtete ist nicht erkennbar.
Model Release
Die mit Abstand sicherste aber auch aufwändigste Variante ist der Model Release. Ich halte mein Vorgehen in einem kleinen Vertrag fest, wo alle wichtigen Fragen geklärt werden.
- Wer ist beteiligt? Name des Fotografen und der abgebildeten Person(en)
- Um was geht es? Nummer des Fotos, Aufnahmeort, -datum, -uhrzeit
- Wo wird das Foto verwendet? Webseite, Facebook, Flickr, Ausstellung, etc.
- Wird das Foto für kommerzielle Zwecke verwendet? Wenn ja, wofür.
- Wie ist die Entlohnung des Fotografierten? Unentgeltlich, TFP, Honorar
- Unterschrift der beiden Parteien
- Jeder bekommt ein Exemplar
Ich frage mich ernsthaft, wer einen solchen Model Release auf der Straße unterschreiben würde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Variante wirklich zum Ziel führen wird.
Schließlich muss ich dann auch noch alle Papiere zusammen mit dem Foto aufbewahren, damit ich dieses zu jeder Zeit verfügbar habe, sollte es zu Streitigkeiten kommen. Ich kann solche Vereinbarungen auch mündlich zu machen, bin dann aber als Fotograf in der Pflicht, beweisen zu können, dass diese auch stattgefunden hat.
Ich kann auch ein kurzes Video drehen, wo die Person mündlich zustimmt oder es gibt auch Model Releases für das iPad. Aber es ist nach wie vor sehr aufwendig, dies für jedes Bild zu tun.
Fazit
Auf der Straße zu fotografieren kann gesetzeskonform sein und es können trotzdem interessante Bilder entstehen. Der Aufwand kann trotz dieser Konformität in Grenzen gehalten werden, wenn ihr unerkennbar fotografiert.
Lasst Euch nicht einschüchtern durch das Gesetz oder Meinungen von anderen Fotografen. Es gibt ein paar saubere Wege und diese solltet ihr beschreiten, wenn Ihr mit dem Gesetz nicht in Konflikt kommen wollt.
Ich habe die ganze Angelegenheit in einem Video Tutorial festgehalten, welches umsonst verfügbar ist.
Schaut es Euch an, empfehlt es weiter und geht raus um „saubere“ Fotos zu machen.
Euer Thomas
Hier noch weitere Beispiele von Thomas Leuthard zur gesetzeskonformen Streetfotografie:
Alle Bilder und Texte unterliegen dem Urheberrecht des Autors.
Weiterführende Filme zu rechtlichen Fragen in der Fotografie findet Ihr hier: